Manche Vergleiche verbieten sich eigentlich. Aber Fakten sind nun mal unbestechlich: Justin Engel aus Nürnberg ist der jüngste Viertelfinalist in der Geschichte des ATP-Turniers in Stuttgart und der jüngste Viertelfinalist auf Rasen seit Boris Becker 1985 in Wimbledon. Das muss nicht heißen, dass hier ein neuer Boris Becker heranreift. Aber dass die Anlagen für eine große Karriere vorhanden sind, da sind sich die Experten einig.
Tennis-Talent Justin Engel begeistert mit rasanten Fortschritten
Deutschlands Nummer eins, Alexander Zverev, etwa blickt mit großer Freude auf die positive Entwicklung der Nachwuchshoffnung: "Er spielt sehr, sehr gut, sehr aggressiv. Es ist schön zu sehen", sagte Zverev in Stuttgart, wo der 17-jährige Engel wie Zverev überraschend im Viertelfinale steht: "Ich glaube, er entwickelt sich auch weiter. Das ist enorm wichtig in diesem Alter." Der Nürnberger sei "auf einem guten Weg".
Ziel Top 200 näher gekommen
Engel hatte am Donnerstag mit einem Zweisatzsieg gegen den Weltranglisten-35. Alex Michelsen (USA) für Furore gesorgt. Im Duell mit dem an Position vier gesetzten Kanadier Felix Auger-Aliassime musste sich der Youngster am Freitag dann aber mit 6:7 (3:7), 3:6 geschlagen geben. Seinem Ziel ist Engel dennoch schon wieder ein Stück näher gekommen.
Der Franke, im offiziellen ATP-Ranking auf 281 eingeordnet, will unter die Top 200 und die US-Open-Quali angreifen. Dafür müsste er wohl unter den besten 220 landen. Mit der Leistung in Stuttgart steht er laut ATP-Liveranking noch knapp dahinter.
ATP-Turniere: Sieg auf Sand, Hartplatz und nun Rasen
Ein paar wichtige Karriereschritte ist er schon vorher gegangen. Im November krönte sich Engel in Almaty/Kasachstan zum jüngsten Turniersieger auf der Tour seit French-Open-Sieger Carlos Alcaraz 2020. Im Mai besiegte er Jan-Lennard Struff beim ATP-Turnier in Hamburg in zwei Sätzen.
Engel, der den Spanier Rafael Nadal als sein großes Vorbild nennt, ist erst der zweite 17-Jährige, der auf allen Belägen - Sand, Hartplatz und nun Rasen - ein ATP-Spiel gewinnen konnte. Der einzige, der das vor ihm schaffte: ausgerechnet Nadal.
Justin Engel: Jüngster ATP-Viertelfinalist seit Boris Becker
In Stuttgart hat Engel sein erstes Rasenevent im Profibereich überhaupt bestritten. Dass er seit Boris Beckers Triumph in Wimbledon vor 40 Jahren der jüngste Spieler ist, der auf diesem Belag ein ATP-Viertelfinale erreicht hat, ist besonders: Es sei "schön, so etwas zu hören", sagte Engel. In erster Linie wolle er aber "einfach Tennis spielen, Spaß haben auf dem Platz" und sein "Ding durchziehen".
"Mega" und "unglaublich" habe sich der Viertelfinalsieg in Stuttgart angefühlt, sagte Engel, der es dank einer Wildcard überhaupt erst ins Starterfeld schaffte. Anfangs sei er "sehr nervös", dann aber in einer Art "Tunnel" gewesen, erklärte er. Es ist der vorläufige Höhepunkt in seiner noch jungen Karriere.
Schritt für Schritt näher ran an die Besten
Vom Spiel von Zverev lässt sich Engel der aktuell Weltranglisten 281. dabei gerne inspirieren. "Was ich auf jeden Fall von ihm abschaue, sind seine Aufschläge", sagte Engel, der sich "manchmal" mit Zverev in der Umkleidekabine unterhalte. Dabei bleibt er immer bescheiden: "Ich bin immer noch gar nichts und habe noch einen langen Weg vor mir", sagte Engel noch im November 2024 im BR24Sport-Interview.
An dieser Einstellung hat sich bis heute nicht viel geändert. "Ich mache einfach mein Ding, will Spaß auf dem Court haben und das auf den Platz bringen, was ich im Training mit Philipp (Kohlschreiber, Anm. d. Red.) geübt habe", so Engel. Und das scheint zu fruchten: Engel geht seinen Weg und tastet sich Schritt für Schritt näher an die Weltelite heran.