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Roter Granit, grüne Macchia, blaues Meer Ein Wander-, Natur- und Kultur-Streifzug durch Korsika

Korsika besticht durch seine Landschaftskomposition aus rotem Granit, grüner Macchia und tiefblauem Meer, durch ein wildes Hochgebirge im Mittelmeer mit einsamen Hochtälern, engen Schluchten und verwegenen Bergkesseln, mit archaischen Bergdörfern, traditionellen Festen und einer nahezu napoleonischen Natur, die ebenso ehrgeizig und unerbittlich ist, wie es der berühmte Korse war.

Von: Andrea Zinnecker

Stand: 04.06.2025 | Archiv

Unterwegs auf Korsika: Roter Granit, grüne Macchia, blaues Meer

Korsika ist nicht Frankreich

Roter Granit über blauem Meer

Wer in den Hafen von Ajaccio einläuft, wird gleich auf Kurs gebracht: Korsika ist nicht Frankreich, steht dort auf der Hafenmauer geschrieben. Stimmt! Korsika – das ist ein ganz eigener Kosmos und ein Paradies für Strandträumer wie für Freunde von alpinen Naturpools und Hängebrücken, für Gipfelstürmer, Fans von Mufflons, Schildkröten und Wildpferden sowie für Liebhaber von dicken Käse-Pfannkuchen. Und was wäre Korsika ohne seine - nur vermeintlich - störrischen Esel!

Korsika besticht durch seine Landschaftskomposition aus rotem Granit, grüner Macchia und tiefblauem Meer, durch ein wildes Hochgebirge im Mittelmeer mit einsamen Hochtälern, engen Schluchten und verwegenen Bergkesseln, mit archaischen Bergdörfern, traditionellen Festen und einer nahezu napoleonischen Natur, die ebenso ehrgeizig und unerbittlich ist, wie es der berühmte Korse war.

Hochgebirge im Mittelmeer

Ganz im Westen der Insel, am Capu Rossu, dem roten Kap, bricht das Gebirge sehr schroff ab ins Meer.

Ganz im Westen der Insel, am Capu Rossu, dem roten Kap, bricht das Gebirge sehr schroff ab ins Meer. In kurzer Distanz ändern sich Landschaft und Klima, vom Strand geht es direkt in Höhen bis zu 2.500 Metern und in eine zerklüftete Welt aus Stein hoch über dem Golf von Porto, der zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört.

Der wilde bergige Kern der Insel lockt mit 120 Gipfeln über 2.000 Meter Höhe und traumschönen Bergseen wie zum Beispiel dem Melo- und Capitello-See. An der Bergerie Grotello im Restonica-Tal beginnt ein gut markierter Wanderweg, der zwischen Juni und Oktober in der Regel schneefrei, im Hochsommer aber oft überlaufen ist, weshalb sich zum Wandern die Vor- oder Nachsaison empfiehlt.

Corte, die einzige Stadt im Inselinnern gilt als heimliche Hauptstadt Korsikas. Bis heute ist der Ort mit seiner markanten Zitadelle ein Symbol für den korsischen Kampf um Selbstbestimmung. Nordwestlich von Corte ragt im Niolu-Gebirge der Monte Cintu auf, mit 2.706 Metern der höchste Berg der Insel. Er steht in einer ganzen Bergkette mit felsigen, schroffen Gipfeln, die man auch von der Küste aus sieht und die oft noch bis weit in den Juni hinein mit Schneeresten bedeckt sind. Nicht weit entfernt davon findet im abgelegenen Bergdorf Casamaccioli stets Anfang September die „Santa“ statt. Korsikas größtes Marienfest ist der Insel-Schutzheiligen gewidmet.

Wilde Wege, Flüsse und Felsen

Die landschaftlich wilden Wege zeigen, dass Korsika keine Mittelmeerinsel ist, wie man sie erwartet, keine Insel mit hellem, eher nacktem Kalk, mit Eichen- oder Kieferwälder. Kalkgestein wie zum Beispiel auf der Nachbarinsel Sardinien verkarstet, wird porös und löchrig und das Klima im Sommerhalbjahr sehr trocken. Korsika besteht dagegen überwiegend aus magmatischen, also Vulkangesteinen und Granit, weshalb das Wasser aus den Gebirgen an der Oberfläche bleibt.

Im Cintu-Massiv entspringt der Fango, einer der besonderen und geradezu magischen Gebirgsflüsse, die oft nur 20 bis 30 Kilometer lang sind, dabei aber einen gewaltigen Höhenunterschied zurücklegen. Beim Fango sind es 2.500 Höhenmeter auf rund 20 Kilometer Länge., bevor er dann bei Galeria in einem richtiggehenden Flussdelta in der Küstenebene ins Meer mündet - ein Hotspot der Artenvielfalt von der Wasserschildkröte bis zum Steinadler.

Die "Immortelle", die "Unsterbliche" gedeiht auf Korsika.

Oben im Gebirge strömt der Fango durch ein felsiges Flussbett mit großen Granitblöcken, Gumpen und Kaskaden. Auf kurzer Distanz gibt es verschiedene Klimazonen und somit auch eine sehr abwechslungsreiche und vielfältige Vegetation. Fast auf allen Höhenstufen gedeiht die vielleicht typischste Blume Korsikas, die „Immortelle“, also die „Unsterbliche“, auch bekannt als italienische Strohblume oder Currykraut, weil der warme, krautige Duft dieser gelbblühenden Heilpflanze an Curry erinnert. Daneben überziehen die Aromen von Zistrose, Thymian und Lavendel die Insel.

Weitwanderwege und schwarze Schweine

Korsika ist gewissermaßen notgedrungen eine klassische Wander-Insel. Weil die Küsten mit ihren Buchten ideale Piratennester waren und die Insel immer wieder von den Freibeutern heimgesucht wurde, haben sich die Menschen in die Berge zurückgezogen und dem schroffen geographische Profil entsprechend eine raue Bergmentalität entwickelt.

Unterwegs auf dem GR20

Viele Wanderwege folgen heute noch den alten Kulturwegen. Der berühmteste Weg ist der GR20, wobei GR für Grande Randonnée steht, also für eine „Große Wanderung“. Der korsische Weitwanderweg führt diagonal durch den Hauptkamm des Gebirges von Nord nach Süd über die Insel. Man benötigt 14 Tage, zudem ist er nur für Geübte und setzt Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, guten Orientierungssinn und Erfahrung im wilden Gelände voraus. Das gilt generell für die größeren Touren auf Korsika, denn man darf sich nicht vom Mittelmeer-Ambiente täuschen lassen.

Stets zu sehen sind die schwarzen Schweine im Schatten der Edelkastanienbäume.

Es gibt auch einfache Touren und Genuss-Wanderungen. Übernachten kann man in Berghütten, auf Almen oder in den Bergdörfern. Stets zu sehen sind die schwarzen Schweine, die auf Korsika keine gezähmten Wildschweine, sondern ungezähmte Hausschweine sind. Sie liegen besonders gern im Schatten der Edelkastanienbäume, von denen sie im Herbst ein tolles Futter erhalten. Früher war die Kastanie der Brotbaum der Bevölkerung in den Bergen.

Asinerien, Asterix und Knallerkäse

Auf der Hochebene Alta Rocca, dem südlichen Bergland von Korsika, ist - so heißt es - die korsische Seele zuhause. Hier wurden die ältesten menschlichen Spuren auf Korsika gefunden: mystische Menhire und imposante Zyklopenmauern. In der Alta Rocca bieten heute viele Asinerien Wanderungen mit den grau-struppigen Vierbeinern an. Einen Ausflug lohnt auch der Wald von Bonifato im Norden der Insel, etwa 20 Kilometer von Calvi entfernt. Fünf Rundwanderwege führen durch das Naturschutzgebiet, darunter der neun Kilometer langen Chemin de Candia.

Der korsische Käse "casu merzu" lässt bei Asterix ein Piratenschiff in die Luft fliegen.

Ein Kapitel für sich ist „Astérix en Corse“. Der 20. Band der Comic-Reihe hat Kultstatus. Die Geschichte handelt von der Reise der beiden Helden Asterix und Obelix nach Korsika. Dort kämpfen sie gemeinsam mit den Einheimischen gegen die römische Besatzungsmacht. Dabei spielt auch der korsische Käse, der „casu merzu“ eine wichtige Rolle, sogar als Sprengmittel. So fliegt ein Piratenschiff infolge der überreifen Ausdünstungen des korsischen Käses in die Luft. Wer den Knaller-Käse verkosten möchte, braucht etwas Mut, denn in der Kruste stecken kleine Maden – doch erst sie lassen den Käse zur Delikatesse reifen.


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